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Mittwoch, 06 Dezember 2017 12:57

Alpine A110 Première Edition

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Kompromissloser Sportwagen mit Topperformance

Die neue Alpine A110: Comeback für eine Legende

Eine Legende kehrt zurück: die Alpine A110. Die Neuauflage der Berlinette überträgt mit kompromisslosem Leichtbau, leistungsstarkem Vierzylinder und kompakten Abmessungen den Geist des gleichnamigen Klassikers aus den 1960er- und 70er-Jahren in die Gegenwart. Auch das Design der neuen A110 zitiert den vielfachen Rallye-Sieger. Der Mittelmotor-Zweisitzer mit dem ruhmreichen Namen beschleunigt in nur 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und ermöglicht einen Topspeed von 250 km/h. Für die dynamischen Fahrleistungen sorgt ein neu entwickelter 1,8-Liter-Turbobenziner mit 185 kW/252 PS. Massgeblich zur herausragenden Performance trägt – ganz in der Tradition des Namensgebers – ebenfalls das Leergewicht von lediglich 1ʼ080 Kilogramm bei. Die A110 kommt Anfang 2018 zunächst in der

«Première Edition» zum Preis von CHF 62’000.- zu ihren Besitzern. Die auf 1ʼ955 Exemplare limitierte Sonderserie war im Dezember 2016 bereits nach nur fünf Tagen komplett reserviert.

Der Startschuss für das Projekt A 110 fiel 2012. Fünf Jahre später steht die Neuauflage des Rallye-Klassikers vor dem Marktstart. Hierzu Bernard Ollivier, Alpine Deputy Managing Director: «Als ich mit der Entwicklung eines neuen Alpine Sportwagens beauftragt wurde, begannen wir buchstäblich mit einem weissen Blatt Papier. Nur so viel stand fest: Das Fahrzeug musste die komplette Alpine DNA verkörpern: Agilität durch Leichtbau, Eleganz und viel Fahrspass. Wir gaben unseren Designern komplette Freiheit bei ihren Visionen, wie eine moderne Alpine aussieht. Sie waren keinerlei technischen Zwängen unterworfen. Dies ist ein ungewöhnliches Vorgehen, aber auch der Grund für das starke Design, das wir letztlich erzielt haben.»

Als eine der wenigen Vorgaben setzte Bernard Ollivier ein Gewichtslimit von 1ʼ100 Kilogramm. «Das ist schwer zu erreichen, weshalb wir beschlossen, Chassis und Karosserie aus Aluminium zu bauen», so Ollivier.

Eigenständiges Entwicklerteam

Michael van der Sande, Managing Director Alpine, ergänzt: «Die Resonanz auf unsere Ankündigung, Alpine wieder zum Leben zu erwecken, hat uns überwältigt. Obwohl Alpine seit 20 Jahren nicht mehr am Markt ist, gibt es noch so viel Begeisterung, nicht nur in Frankreich sondern weltweit. Wir entschieden uns bewusst, aus Alpine einen eigenen Geschäftsbereich innerhalb der Renault Gruppe zu machen mit eigenen Entwicklern und Ingenieuren. Wir wollten, dass diese mit Leidenschaft erfüllten Mitarbeiter eng in flexiblen Teams zusammenarbeiten. Genauso schufen wir ein eigenes Händlernetzwerk mit speziell ausgebildeten Kundenberatern, um den hohen Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden».

Produktion am traditionellen Alpine Standort Dieppe

Besonders erfreut ist van der Sande, dass die neue A110 im traditionellen Alpine Werk im nordfranzösischen Dieppe produziert wird: «Die gesamte Einrichtung und Kultur dort ist auf die Herstellung hochwertiger Kleinseriensportwagen ausgerichtet und die Belegschaft hoch motiviert.» Die 1969 errichtete Fertigung wurde für den Anlauf der neuen A 110 grundlegend modernisiert. Nach dem Produktionsende von Alpine im Jahr 1995 stellte der Standort unter anderem die Renault Sport Fahrzeuge sowie sportliche Kleinserien wie den Clio V6 und den Renault Sport Spider her. Aktuell wird in dem Werk der Renault Clio R.S. gebaut.

Leichtgewicht dank Aluminiumbauweise

Mit 1ʼ080 Kilogramm Gesamtgewicht (Première Edition: 1ʼ103 Kilogramm) erfüllt die A110 die Vorgabe Olliviers perfekt und ist eines der leichtesten Fahrzeuge seiner Klasse. Der Aluminiumanteil bei Fahrwerk und Aufbau beträgt 96 Prozent. Je nach Beanspruchung ist das Leichtmetall geklebt, genietet und geschweisst. Damit stellt Alpine neben einem niedrigen Gewicht auch eine hohe Steifigkeit sicher. Nur eine kleine Anzahl von Automobilherstellern setzt bislang das Leichtmetall für die Fertigung des Komplettaufbaus seiner Fahrzeuge ein.
Optimal ist ebenfalls die Gewichtsverteilung: 44 Prozent des Fahrzeuggewichts lasten auf der Vorderachse, 56 Prozent auf der Hinterachse. Anders als im historischen Vorbild ist der Motor nicht im Heck, sondern vor der Hinterachse untergebracht. Zusammen mit der Lage des Tanks hinter der Vorderachse erlaubt dies eine Massenkonzentration am Fahrzeugschwerpunkt. Ergebnis ist ein Fahrverhalten, das hohe Kurvengeschwindigkeiten gestattet und für kurvige Gebirgsstrassen massgeschneidert ist.

Sportwagen mit kompakten Dimensionen

Wesentlichen Anteil an der Wendigkeit der A110 hat auch ihr kompaktes Format. Wie ihr Urahn beansprucht die neue Alpine lediglich die Verkehrsfläche eines Kleinwagens. Mit 4,18 Meter Länge und 1,8 Meter Breite verfügt die A110 über ähnliche Masse wie ihr sportlicher Bruder Renault Clio R.S., ist mit 1,25 Meter Höhe jedoch 18 Zentimeter niedriger. Auch damit folgt sie ganz dem Vorbild der Ur-A110, die wegen ihrer Höhe von 1,12 Metern von ihren Fans «le Turbot», «der Plattfisch» betitelt wurde.

Modernes Design mit historischen Zutaten

Das Verhältnis von Höhe, Breite und Länge sorgt wie beim historischen Vorbild für ideale sportliche Proportionen. Auch das Design der neuen A110 orientiert sich an der gleichnamigen Rallye-Legende, ist aber gleichzeitig durch moderne Stilelemente und Materialien gekennzeichnet. Unverwechselbare Merkmale in Anlehnung an die klassische Berlinette A110 sind die runden Zusatzscheinwerfer und die abgerundete Fronthaube mit der markanten Längsrippe. Hinzu kommen die Profilierung der Fahrzeugflanken sowie die schräg abfallende Heckpartie mit dem grossen, weit in die Seiten gezogenen Rückfenster und den waagrechten Rückleuchten. Wie die Frontscheinwerfer sind diese in LED-Technik ausgeführt und weisen als Besonderheit eine x-förmige Lichtsignatur mit hohem Wiedererkennungswert auf.

Ausgefeilte Aerodynamik

Das sportliche Erscheinungsbild stärken die serienmässigen 18-Zoll-Räder, die kurzen Überhänge und das zentrale Auspuffendrohr mit verchromter sechseckiger Blende. Die gewichtsoptimierte und mit Hilfe computergestützter Strömungssimulationen konzipierte Abgas-anlage sorgt gleichermassen für satten Sound und Extraleistung. Die Auspuffblende ist in den grossen Heckdiffusor integriert, mit dem Alpine den Anpressdruck an der angetriebenen Hinterachse steigert. Den Abtrieb erhöht zusätzlich der durchgängig flache Unterboten, ein weiteres Aerodynamikdetail aus der Welt der Supercars und des Motorsports. Ausserdem leiten spezielle Einlassöffnungen im Frontstossfänger die Luft ohne störende Verwirbelungen an den Vorderrädern vorbei und verringern so den Luftwiderstand. Dank des ausgefeilten Aerodynamikpakets ist der Verzicht auf einen Heckspoiler möglich, der die schlanke, fliessende Linienführung beeinträchtigt hätte.

Ergebnis der aerodynamischen Optimierung ist ein Luftwiderstandsbeiwert (cw-Wert) von 0,32. Damit zählt die A110 zu den windschlüpfigsten Seriensportwagen auf dem Markt.

Neuer 1,8-Liter-Turbobenziner mit 185 kW/252 PS

Als Motorisierung für die neue A110 dient ein komplett neu entwickeltes 1,8-Liter-Turbo-benzinaggregat. Der hochmoderne Vierzylinder leistet in dem Zweisitzer 185 kW/252 PS bei 2ʼ000 1/min und mobilisiert sein maximales Drehmoment von 320 Nm bereits bei 2ʼ000 1/min. Aus der üppigen Motorleistung und dem niedrigen Fahrzeuggewicht von 1ʼ080 Kilogramm (Première Edition: 1ʼ103 Kilogramm) resultiert das exzellente Leistungsgewicht von 4,3 Kilogramm pro PS (Première Edition: 4,4 kg/PS). Dieses hat wesentlichen Anteil daran, dass die A110 den Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 km/h in nur 4,5 Sekunden absolviert. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h.1 Trotz der dynamischen Leistungscharakteristik überzeugt das Triebwerk mit ausgeprägter Effizienz: Die Alpine benötigt im kombinierten Verbrauch 6,1 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer. Die CO2-Emissionen liegen bei 138 Gramm pro Kilometer.2

7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe für optimale Performance

Die Kraftübertragung an die Hinterräder erfolgt über ein speziell für die neue Alpine entwickeltes 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe von Getrag. Die hohe Gangspreizung ist optimal an den Drehmomentverlauf des Turbobenziners angepasst und gewährleistet maximale Performance in allen Situationen. Alternativ zum Automatikmodus lassen sich die Fahrstufen mit Schalt-wippen am Lenkrad wechseln.

Den Fahrleistungen und dem Fahrzeugcharakter entsprechend verfügt die A110 über ein lupenreines Sportfahrwerk mit Radführung an doppelten Querlenkern vorne und hinten. Standfeste und exzellent dosierbare Verbundguss-Bremsscheiben im 32-Zentimeter-Format mit 4-Kolben-Bremssätteln vorne kombinieren exzellentes Verzögerungsverhalten auch bei hohen Bremstemperaturen mit niedrigem Gewicht. So ist in die Hinterradbremsen als Weltneuheit der Aktuator für die elektrische Parkbremse integriert – hierdurch spart Alpine 2,5 Kilogramm.

1 Elektrisch abgeregelt.
2 Verbrauchsangabe entspricht dem Gesamtwert nach VO (EG) 715/2007.

Die Verbindung zur Strasse stellen Michelin Pilot Sport 4 Niederquerschnittreifen im Format 205/40 R18 vorne und 235/40 R18 hinten her. Die eleganten 18-Zoll-Räder aus geschmiedetem Aluminium liefert Otto Fuchs.

Drei Fahrprogramme stehen zur Wahl

Zur Steigerung des Fahrvergnügens kann der Fahrer die Motor-, Getriebe- und Gaspedal-charakteristik, den Auspuffsound sowie die Eingriffsparameter des Elektronischen Stabilitäts-programms ESP variieren. Drei verschiedene Fahrprogramme stehen hierfür zur Wahl: «NORMAL», «SPORT» und «RACE». In allen Fahrmodi lässt sich das ESP für schnelle Runden auf der Rennstrecke komplett deaktivieren. Je nach gewähltem Fahrprogramm ändern sich auch Farbe und Grafik des in TFT-Technik gehaltenen digitalen Kombiinstruments.

Minimalistisches Design und hochwertige Materialien

Den Innenraum der A110 Première Edition prägen ein bewusst minimalistisches Design, Leichtbaukomponenten und hochwertige Materialien wie vollnarbiges Leder, gebürstetes Aluminium oder Kohlefaser. Charakteristische Details sind Sportlenkrad, Aluminiumpedale und blaue Kontrastnähte. Hinzu kommen Fussstützen für Fahrer und Beifahrer sowie Einstiegs-leisten aus Aluminium. Auch der 7-Zoll (18-cm) Touchscreen-Monitor der A110 Première Edition im Stil eines Tablets und fünf direkt darunter angeordnete Kippschalter ziehen die Blicke auf sich.

Schalensitze in Leichtbauweise

Fahrer und Beifahrer nehmen auf elegant geformten Schalensitzen von Sabelt Platz, die exzellente Seitenführung auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten gewährleisten. Als besonderes Kennzeichen sind die ausgeprägten Seitenwangen mit gestepptem Leder bezogen. Das neue Alpine Serienmodell zitiert damit die Sportsitze der legendären Alpine A110 der 1960er- und 1970er-Jahre. Weiteres Merkmal ist die einteilige Sitzschale kombiniert mit einer frei liegenden Metallstruktur für die tragenden Teile. Die Sportsitze der A110 wiegen jeweils nur 13,1 Kilogramm und tragen damit zum geringen Gesamtgewicht des Zweisitzers bei.

Gestepptes Leder findet sich in der A110 Première Edition ebenfalls an den Türinnen-verkleidungen. Weiteres Merkmal des Innenraums ist die scheinbar frei schwebende Mittel-konsole. Jedes Fahrzeug der limitierten Startauflage wird ausserdem mit einer Plakette im Innenraum ausgeliefert, auf der die Seriennummer eingraviert ist.

Modernes On-Board-Infotainment

Das On-Board-Infotainment der Première Edition umfasst neben dem Navigationssystem die Alpine Telemetrics Anzeige technischer Parameter in Echtzeit. Sportfahrer, die mit ihrer A110 auf der Rennstrecke unterwegs sind, können ausserdem ihre Rundenzeiten messen und speichern. Weiterer Vorteil: Das System erlaubt die Integration von Android- und iOS-Smartphones. Hinzu kommt eine hochwertige Focal Audioanlage. Zusätzlich ist die Première Edition mit Klimaautomatik ausgestattet.

Für das Reisegepäck stehen ein Kofferraum mit 96 Liter Fassungsvermögen unter der Fronthaube sowie ein 100 Liter fassendes Gepäckabteil hinter dem Motor zur Verfügung.

Marktstart Anfang 2018 in elf europäischen Ländern

Die Renault Gruppe kündigte den Alpine Relaunch 2012 an. Vier Jahre später präsentierte sie in Monaco die Studie Alpine Vision, die bereits einen realitätsnahen Ausblick auf die Serien A110 bot. Im Frühjahr 2017 debütierte die A110 Première Edition auf dem Genfer Auto-Salon.

Die auf 1ʼ955 Fahrzeuge limitierte Startauflage war innerhalb von nur fünf Tagen ausverkauft. Alpine hatte für die Reservierung eigens eine Smartphone-App aufgelegt. In Kürze lassen sich mit dieser auch die Rechtslenkerversionen für den britischen und japanischen Markt ordern. Auch nach Auslaufen der «Première Edition» bleibt die Alpine App offen für die Bestellung der Modelle, deren Auslieferung Anfang 2018 startet.

Insgesamt 57 Alpine Stützpunkte in elf europäischen Ländern mit speziell ausgebildeten Verkaufsberatern übernehmen den Vertrieb der A110. Ausserhalb Europas wird der Mittel-motorsportwagen in Japan und Australien verkauft werden. Weitere Märkte werden folgen.

Alpine Schlüsseldaten
1955: Gründung der «Société des Automobiles Alpine»; Markteinführung des ersten Alpine Serienmodells A106
1962: Premiere der A110
1971: Erster Sieg bei der Rallye Monte Carlo; Gewinn der Internationalen Rallye-Markenmeisterschaft
1973: Gewinn der ersten Rallye-Weltmeisterschaft; Erwerb von Alpine durch Renault
1976: Premiere der A310 V6
1978: Alpine gewinnt bei den 24 Stunden von Le Mans
1985: Die Alpine GTA erscheint
1991: Premiere der A610
1995: Alpine stellt die Fertigung ein
2012: Ankündigung eines neuen Alpine-Projekts
2015: Premiere der Alpine «Célébration» in Le Mans
2016: Ankündigung des Alpine Relaunchs und Präsentation der Alpine Vision

Technische Daten - Alpine A 110
Bauart: Reihenvierzylinder Ventile pro Zylinder 4
Hubraum (l):  1,8
Kraftstoffbedar:f Superbenzin
Gemischaufbereitung / Aufladung: Turbolader
Max. Leistung (kW / PS bei 1/min): 185 / 252 bei 2ʼ000
Max. Drehmoment (Nm): 320
Einbauposition: Mittelmotor
Antriebsart / Getriebe: Heckantrieb / 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe mit nasslaufenden Kupplungen
Leergewicht (kg): 1ʼ080 / 1ʼ1033
Leistungs-Masse-Verhältnis (PS/t): 233 / 2284
Länge / Breite / Höhe (mm): 4ʼ180 / 1ʼ798 / 1ʼ252
Radstand (mm): 2ʼ420
Spurweite vorn / hinten (mm): 1ʼ556 / 1ʼ553
Bauart Vorderachse: Aufhängung an doppelten Querlenkern
Bauart Hinterachse: Aufhängung an doppelten Querlenkern
Bremssystem vorne (mm): 4-Kolben-Festsattel (320)
Bremssystem hinten (mm): 1-Kolben-Schwimmsattel (320)
Luftwiderstandsbeiwert (cw): 0,32
Luftwiderstand (cw x A): 0,621
Tankinhalt (l): 45
Gepäckraumvolumen vorne / hinten (l): 96 / 100
Reifendimension vorne / hinten: 205/40 R18 / 235/40 R18

3 Première Edition mit Optionen.
4 Première Edition mit Optionen.

Höchstgeschwindigkeit (km/h): 2505
Beschleunigung (0–100 km/h in s) 4,5
Kombinierter Verbrauch (l) 6,1
CO2 kombiniert (g/km) 138

5 Elektronisch abgeregelt.

Die Alpine Modellgeschichte: Starke Typen mit Heckmotor

Zwischen 1955 und 1994 baute Alpine sieben Modellreihen, die heute ausnahmslos Kultstatus geniessen: A106, A108, A110, A310, V6 GT und A610. Sie standen für automobilen Sportsgeist à la française und für ein geniales Konzept: Alpine Modelle waren keine Hochpreis-Exoten, sondern Sportwagen für jedermann, aus bewährten Renault Komponenten komponiert. Deshalb liessen sie sich in jeder Renault Werkstatt warten. Die Wettbewerbsversionen unterschieden sich von den zivilen Varianten in erster Linie durch das getunte Triebwerk. Dies gab jedem Kunden das Gefühl, in einem potenziellen Rennwagen zu sitzen.

Am Anfang der Alpine Modellhistorie steht die kleine Heckmotorlimousine 4 CV, mit der Renault in den 1950er-Jahren Frankreich motorisierte. Mit der werksgetunten Variante «1063» landeten Jean Rédélé und Louis Pons bei der Mille Miglia 1952 auf Anhieb einen Klassensieg. 1953 und 1954 wiederholte das Duo diesen Erfolg. Rédélé war so begeistert von den Fahreigenschaften des «Cremeschnittchens», wie der populäre 4 CV im Volksmund hiess, dass er dieses zur technischen Basis für seine eigenen Sportwagen auserkor. Zur Erinnerung an seinen Sieg bei der Rallye Coupe des Alpes 1954 gab er ihnen den Markennamen «Alpine».

A106: Klein, leicht und mit Kunststoffkleid

Mit der A106 – Renault Alpine Modelle sind traditionell weiblich – lancierte Jean Rédélé 1955 das erste Alpine Fahrzeug. Auf das Chassis des 4 CV setzte Rédélé einen Aufbau aus Kunststoff und schuf damit die Blaupause für alle späteren Renault Alpine Modelle. Der Radstand von 2,1 Metern war identisch mit dem des 4 CV und blieb für 20 Jahre eine unveränderliche Grösse bei den Alpine Sportmodellen.

Neben dem unveränderten Plattformrahmen und mechanischen Komponenten stammten auch Hauptscheinwerfer und Rücklichter sowie die Innenausstattung mit Armaturenträger, Lenkrad, Pedalerie und Sitzen vom 4 CV. Ein Kuriosum war die Windschutzscheibe der A106. Hierbei handelte es sich nämlich um das Heckfenster (!) der grossen Renault Limousine Frégate.

Auch den kleinen Vierzylindermotor übernahm Rédélé vom 4 CV. Durch gezieltes Tuning kitzelten die Motorenkünstler von Alpine bis zu 31 kW/43 PS aus der 747-Kubikzentimeter-Maschine, die wie beim Technikspender im Heck eingebaut war. Damit beschleunigte der 550-Kilogramm-Wagen auf maximal 153 km/h. Die Standardvariante begnügte sich anfangs mit 15 kW/21 PS und 120 km/h. Ab 1957 erhielt die A106 den grösseren Motor der Renault Dauphine (845 bis 998 Kubikzentimeter), welcher in der vom Alpine Haustuner Marc Mignotet bearbeiteten Version bis zu 44 kW/60 PS leistete. Ebenfalls ab 1957 baute Alpine eine Cabrio-Version der A106.

Ihre sportlichen Talente stellte die schnelle Schwester des 4 CV 1956 unter anderem mit einem Sieg in der 750-Kubikzentimeter-Klasse bei der Mille Miglia unter Beweis. Bis in die 1960er-Jahre blieb die A106 bei den Driftkünstlern der Rallye-Szene erste Wahl.

A106: Zahlen und Fakten6

Bauzeit: 1955–1961
Motor: Reihenvierzylinder, im Heck eingebaut, mit 747 bis 998 cm3
Leistung: 15 kW/21 PS–44 kW/60 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 3,7 m; Breite: 1,45 m; Höhe: 1,2 m
Stückzahl: 251 Exemplare
6Angaben für das Coupé Mille Miles

A108: Renner mit Dauphine Genen

1958 führte Alpine den Typ A 108 ein, zunächst als Cabriolet, ab 1959 auch als Hardtop-Variante und als Coupé 2+2. Weitere Versionen waren das Cabrio Sport mit neuem Design und das zweisitzige Coupé Sport, die beide 1960 herauskamen. Als Motorisierungen dienten die 845-Kubikzentimeter-Maschine der Dauphine in Varianten mit 19 kW/27 PS und 25 kW/35 PS, das auf 904 Kubikzentimeter aufgebohrte Aggregat der Dauphine Gordini mit verstärkter Kurbelwelle und 32 kW/44 PS sowie die aufgebohrte Mignotet-Version mit 998 Kubik-zentimetern und 44 kW/60 PS. Der Übergang von der A106 zur A108 war fliessend. Oft machte nur die Ausstattung oder die Motorisierung den Unterschied aus.

Im September 1960 erschien bei der Tour de France Automobile als sechste Variante die Berlinette A108. Mit ihr wandte sich Alpine gezielt an Kunden, die das Fahrzeug im Motorsport einsetzen wollten. Der nur 1,12 Meter hohe Zweisitzer nahm mit der abgeflachten Frontpartie, den Scheinwerfern hinter Plexiglasabdeckungen, der schräg stehenden Frontscheibe, dem niedrigen Dach und der sanft abfallenden Heckpartie bereits die Form der legendären A110 vorweg, des späteren Stars im Alpine Programm. Für das bereits im Stand rasante Fahrzeug «verschärfte» Alpine nochmals die Motorenpalette: Die 998-Kubikzentimeter-Variante des Dauphine Motors leistete in der Berlinette 51 kW/70 PS und beschleunigte den Zweisitzer auf bis zu 185 km/h. Vier Scheibenbremsen hielten das Temperament im Zaum, damals auch bei weit stärkeren und exklusiveren Fahrzeugen keine Selbstverständlichkeit.

A108: Zahlen und Fakten

Bauzeit: 1958–1965
Motor: Reihenvierzylinder, im Heck eingebaut, mit 845 bis 998 cm3
Leistung: 19 kW/27 PS–51 kW/70 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 3,78–3,96 m; Breite: 1,45–1,49 m; Höhe: 1,13–1,22 m
Stückzahl: 236 Exemplare

GT4: Eleganzo Schnörkel

Zusammen mit der A110 präsentierte Alpine im Herbst 1962 auf dem Pariser Automobil-Salon das Modell GT4. Die Nachfolgerin für das A108 Coupé 2+2 bestach durch ihre elegante, schnörkellose Linienführung. Mit 4,05 Meter Länge war die GT4 für eine Alpine ungewöhnlich gross. Auch der Radstand von 2,27 Metern, die Breite von 1,5 Metern und die Höhe von 1,25 Metern waren für ein Modell aus Dieppe üppig bemessen. Dafür fanden unter der wohlgeformten und leichten Kunststoffhaut vier Personen Platz. Sie fanden im Innenraum zahlreiche Details aus der Caravelle von Renault, mit der sich die GT4 auch die technische Basis teilte.

Die Kunden hatten für die GT4 die Wahl zwischen drei Motoren mit 956, 998 und 1ʼ108 Kubikzentimetern, die zwischen 40 kW/55 PS und 70 kW/95 PS leisteten. Spätere Versionen bekamen auf Wunsch auch den von Haustuner Gordini «scharf» gemachten 1,3-Liter-Motor mit 77 kW/105 PS und 85 kW/115 PS, der aus der Understatement-Alpine einen echten Renner machte.

GT4: Zahlen und Fakten

Bauzeit: 1962–1969
Motor: Reihenvierzylinder, im Heck eingebaut, mit 956 bis 1ʼ296 cm3
Leistung: 40 kW/55 PS–85 kW/115 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 4,05 m; Breite: 1,5 m; Höhe: 1,25 m
Stückzahl: 263 Exemplare

A110: Fahrmaschine ohne Kompromisse

Die im Herbst 1962 auf dem Pariser Automobilsalon vorgestellte A110 trug zur Alpine Legende bei wie kein anderes Modell, denn mit ihr avancierte die Marke aus Dieppe zur nahezu unschlagbaren Macht im Rallye-Sport. Highlights in der Motorsportkarriere der A110 waren die Gewinne der internationalen Markenmeisterschaft 1971 und der ersten Rallye-Weltmeisterschaft 1973.

Der Erfolg kam nicht von ungefähr, denn in der A110 trafen sich Motorenperformance und niedriges Gewicht auf ideale Weise. Je nach Version wog der nur hüfthohe Renner zwischen 575 und 730 Kilogramm. Die Motoren stammten aus dem Renault 8 sowie Renault 16, wurden von Amédée Gordini und Marc Mignotet einem gründlichen Tuning unterzogen und mobilisierten zwischen 35 kW/47 PS und 101 kW/138 PS, in den Rallye-Varianten sogar bis zu 147 kW/200 PS. Der Hubraum stieg mit der Zeit von 1,0 auf 1,8 Liter und der Topspeed von 170 auf 225 km/h. Der Einbau im Heck sorgte für optimale Traktion und erlaubte in Kombination mit dem extremen Sturz der Räder extreme Kurvengeschwindigkeiten.

Die Rallye-Erfolge trieben den Absatz von «Le Turbot» («der Plattfisch»), wie die A110 von ihren Fans liebevoll-ironisch genannt wurde, in ungeahnte Höhen. Alpine baute 7ʼ489 Exemplare des Modells, die meisten davon in der französischen Rennfarbe Blau. Lizenzfahrzeuge entstanden ausserdem bei FASA in Spanien, DINA in Mexiko, Willys Overland in Brasilien und Bulgaralpine in Sofia.

A110: Zahlen und Fakten

Bauzeit: 1962–1977
Motor: Reihenvierzylinder, im Heck eingebaut, mit 956 bis 1ʼ860 cm3
Leistung: 38 kW/52 PS–147 kW/200 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 3,85 m; Breite: 1,55 m; Höhe: 1,12 m
Stückzahl: 7ʼ489 Exemplare

A310: Erste Alpine mit V6-Power

Mit der A310 stellte Alpine 1971 dem knochenharten Sportgerät A110 ein komfortableres Modell zur Seite. Das Design des Neuentwurfs war raffiniert und schnörkellos: Unverwechselbares Merkmal war die spitz zulaufende Front mit den Scheinwerfern hinter einer Plexiglasabdeckung. Diese wurde lediglich von einem dünnen Mittelsteg geteilt.

Technisch orientierte sich die A310 an der A110. Das heisst: Heckmotor, Zentralrohrrahmen und darüber eine Kunststoffkarosserie. Das Fahrwerk war mit Einzelradaufhängung und Stabilisatoren vorn und hinten sowie Dreiecksquerlenkern voll auf der Höhe der Zeit. Da der von Renault, Peugeot und Volvo gemeinsam entwickelte «Euro-V6» 1971 noch nicht serienreif war, startete die A110 ihre Karriere als Vierzylindermodell mit 84 kW/115 PS und 210 km/h Spitze.

Richtig in Fahrt kam die Laufbahn der A310, als 1977 endlich der erhoffte V6-Motor zur Verfügung stand. Für den Einsatz in dem gerade einmal 1,15 Meter hohen Sportwagen auf 110 kW/150 PS leistungsgesteigert, sorgte das 2,7-Liter-Triebwerk für Fahrleistungen, die der spektakulären Optik gerecht wurden. Mit 220 km/h Höchstgeschwindigkeit und 7,8 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h bot die A310 V6 echte Sportwagen-Performance, vom Prestigegewinn durch die zusätzlichen Zylinder ganz abgesehen. Spätere Versionen schafften sogar 225 km/h. Kennzeichen der V6-Modelle waren die neuen Scheinwerfer. Statt der durchgehenden Lichtbatterie gab es jetzt zwei abgegrenzte Leuchtfelder rechts und links. Die markanten Plexiglasabdeckungen blieben zur Freude der Fans.

A310: Zahlen und Fakten

Bauzeit: 1971–1984
Motor: Reihenvierzylinder und V6-Motoren, im Heck eingebaut, mit 1ʼ605 und 2ʼ664 cm3
Leistung: 84 kW/115 PS und 110 kW/150 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 4,18–4,25 m; Breite: 1,65 m; Höhe: 1,15 m
Stückzahl: 11ʼ616 Exemplare, davon 2ʼ340 Vierzylindermodelle und 9ʼ276 Sechszylindermodelle

Alpine V6 GT und V6 Turbo: Mehr Komfort, mehr Leistung

Mit der Alpine V6 GT präsentierte die Sportwagenmarke aus Dieppe Anfang 1985 das Nachfolgemodell der A310. Die überlieferte Grundkonzeption aus Stahlrohrrahmen, Polyester-Karosserie, zwei plus zwei Sitzen sowie Heckmotor blieb unangetastet, allerdings verlängerte sich der Radstand um sieben Zentimeter, was sich positiv auf Fahrverhalten und Platzangebot auswirkte. Ausserdem wuchsen Länge und Höhe um 8,0 beziehungsweise 4,7 Zentimeter, was den Einstieg erleichterte. Für die Entwicklung zeichnete erstmals Renault komplett verantwortlich. So stammte etwa die glattflächig gezeichnete Kunststoffkarosserie aus der Feder von Renault Designchef Robert Opron.

Aus 2,8 Liter Hubraum stellte der V6 jetzt 116 kW/158 PS bereit. Mit 235 km/h Spitze war die Alpine V6 GT bei ihrem Debüt standesgemäss das schnellste Fahrzeug aus dem Renault Konzern. Den Titel sollte sie nicht lange halten, denn wenige Monate später erschien die Alpine V6 Turbo. Motorisiert mit dem 2,5-Liter-V6 aus dem Renault 25, den ein Single-Turbolader von Garrett mit 0,65 bar Ladedruck auf 147 kW/200 PS brachte, erreichte das neue Alpine Spitzenmodell die prestigeträchtige 250-km/h-Marke.
1987 legte Renault Alpine im Zuge der europaweit zunehmend strengeren Gesetzgebung eine Katalysator-Version des V6 Turbo nach. Durch die Abgasreinigung verringerte sich die Leistung auf 136 kW/185 PS. Der Fahrdynamik tat dies jedoch keinen Abbruch. Mit 243 km/h Spitze zählte auch die Kat-Alpine zu den Schnellsten auf der Strasse.

Alpine V6 GT Und V6 Turbo: Zahlen Und Fakten

Bauzeit: 1985–1991
Motor: V6-Motoren, im Heck eingebaut, mit 2ʼ458 cm3 (V6 Turbo) und 2ʼ849 cm3
Leistung: 116 kW/158 PS–147 kW/200 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 4,33 m; Breite: 1,75 m; Höhe: 1,19 m
Stückzahl: 6ʼ738 Exemplare, davon 1ʼ472 V6 GT und 5ʼ266 V6 Turbo

A610: Spektakulärer Schlussakkord

Die 1991 präsentierte A610 markierte die Rückkehr zur traditionellen Alpine Namensgebung und gleichzeitig das Ende der klassischen Heckmotormodelle aus Dieppe. Die Weiter-entwicklung des Modells V6 Turbo bot mit 265 km/h Spitze und 5,9 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h Fahrleistungen auf dem Niveau weitaus potenterer Supersportwagen.

Für den Einsatz in der A610 steigerten die Ingenieure den Hubraum des V6-Aggregats auf 2ʼ975 Kubikzentimeter und hoben den Ladedruck des Garrett-Turboladers auf 0,77 bar an. Ergebnis: Mit 184 kW/250 PS stand so viel Leistung zur Verfügung wie noch bei keinem Serienmodell mit dem Alpine Logo. Ausserdem optimierten die Entwickler die Verwindungssteifigkeit des Stahlrahmens unter der Kunststoffkarosserie und entschärften die Hecklastigkeit: Statt 63 Prozent ruhten nur noch 57 Prozent des Gewichts auf der Hinterachse, was das Fahrverhalten nochmals verbesserte.

Statt der seit A310-Tagen üblichen Scheinwerfer hinter Plexiglas erhielt der neue Renner aus Dieppe Klappscheinwerfer. Hinzu kamen seitliche Lufteinlässe vor den hinteren Radkästen und überarbeitete Stossfänger. Die Serienausstattung umfasste Klima- und HiFi-Anlage, damals selbst im oberen Preissegment noch keine Selbstverständlichkeit. Damit hielt erstmals gehobener Komfort Einzug in ein Alpine Modell.

1994 endete die Produktion des vorerst letzten Sportmodells mit dem ruhmreichen Namen Alpine und damit auch die lange Heckmotortradition bei Renault.

A610: Zahlen und Fakten

Bauzeit: 1991–1994
Motor: V6-Motor, im Heck eingebaut, mit 2ʼ975 cm3 und Turboaufladung
Leistung: 184 kW/250 PS
Kraftübertragung: Hinterradantrieb
Abmessungen: Länge: 4,41 m; Breite: 1,76 m; Höhe: 1,18 m
Stückzahl: 849 Exemplare

Der Mann hinter dem Alpine-Mythos: Monsieur Alpine: Jean Rédélé

Der Name Alpine ist untrennbar mit dem Namen Jean Rédélé verbunden. Der 1922 geborene Sohn eines Renault Händlers aus Dieppe übernahm 1946 als jüngster Konzessionär Frankreichs die väterliche Werkstatt, in der er schon bald Renault Serienfahrzeuge für den Rallye-Einsatz präparierte. 1955 startete er unter dem Namen Alpine die Produktion eigener Sportmodelle auf Renault Basis und legte damit den Grundstein für eine Legende. Bis heute gelten Alpine Modelle, allen voran die A110, als Inbegriff des französischen Sportwagens. 23 Jahre lang, bis 1978, lenkte Rédélé erfolgreich die Geschicke des Unternehmens, das bereits 1973 mehrheitlich in den Besitz von Renault übergegangen war. In dieser Zeit gewann Alpine unter anderem die internationale Rallye-Markenmeisterschaft (1971), die Rallye-Weltmeisterschaft (1973) und die 24 Stunden von Le Mans (1978).

Jean Rédélé wird seine Liebe zum Automobil und zum Motorsport gewissermassen in die Wiege gelegt. Sein Vater Emile Rédélé hat als Mechaniker und Testfahrer für Ferenc Szisz gearbeitet. Der Ungar war seit 1900 Leiter der Renault Testabteilung und gewann 1906 auf einem Renault Typ AK den Grossen Preis von Frankreich, der als erstes Grand-Prix-Rennen überhaupt in die Geschichte einging. Nach dem Ersten Weltkrieg zieht Emile Rédélé in den nordfranzösischen Badeort Dieppe, wo er ein Taxi- und Omnibusunternehmen gründet und parallel dazu eine Autowerkstatt eröffnet, die schnell zum Renault Vertragsbetrieb avanciert. 1920 heiratet er, und 1922 kann er die Geburt des ersten von drei Söhnen feiern: Jean Rédélé.

Vom Handelsschüler zum jüngsten Renault Händler

Trotz des eng mit dem Automobil und der Marke Renault verbundenen Elternhauses verfolgt der junge Jean zunächst ganz andere Ziele: Er strebt die höhere Beamtenlaufbahn an und schreibt sich deshalb nach dem Abitur an der Ecole des hautes études commerciales (HEC) in Paris ein. Im Oktober 1946 schliesst er die Hochschule mit dem Diplom ab und absolviert ein Training bei Renault, das wegweisend für seine weitere Laufbahn werden soll. Seinen Abschlussbericht liest nämlich niemand Geringerer als Pierre Dreyfus,

Vorstandsmitglied der Régie Nationale Renault. Er ist derart angetan von Rédélés Ideen zur Neubelebung des Handels, dass er dem Hochschulabsolventen vorschlägt, die im Krieg zerstörte väterliche Renault Vertretung zu übernehmen und wiederaufzubauen. So wird Rédélé mit nur 24 Jahren zum jüngsten Renault Händler Frankreichs.

Rédélé geht den Wiederaufbau des verwüsteten Autohauses unorthodox an und offenbart dabei Eigenschaften, die ihm in seiner späteren Laufbahn als Alpine Chef noch sehr zugutekommen werden: Improvisationstalent und Hartnäckigkeit. Um das nötige Geld aufzutreiben, kauft er von umliegenden Händlern und Privatpersonen defekte und ausrangierte LKW aus den Beständen der US-Armee auf, setzt sie instand und verkauft sie an Kunden im In- und Ausland. Das Geschäft floriert, so dass der Renault Betrieb rechtzeitig wieder seine Arbeit aufnehmen kann, als die Franzosen erneut in der Lage sind, Autos zu kaufen.

Rédélé legt in dieser Zeit auf der Suche nach Fahrzeugen mit seinem privaten Renault 4 CV pro Jahr 100ʼ000 Kilometer zurück, lernt dabei die Fahreigenschaften der kleinen Heckmotor-limousine mit ihrem 760-Kubikzentimeter-Motörchen schätzen und entwickelt sich zu einem routinierten und schnellen Fahrer.

Mit einer Wette fängt Alles an

Auch Rédélés Rennfahrerkarriere wurzelt in dieser Zeit. Am Beginn steht eine Wette mit dem Vertragshändler einer Konkurrenzmarke. Im Raum steht die Frage, welches Fahrzeug schneller sei, der Renault 4 CV oder das neueste Erzeugnis des Wettbewerbers. Um die Frage zu klären, tragen die beiden Streithähne eine Wettfahrt von Rouen nach Dieppe aus. Die Angestellten beider Werkstätten postieren sich entlang der Strecke, um aufzupassen, dass niemand eine Abkürzung nimmt. Am Ende des Rennens landet Rédélé einen klaren Sieg. Trotz eindeutigen Leistungsnachteils seines «Katschewo» kommt er einige Hundert Meter vor seinem Gegner ins Ziel.

Rédélé hat Blut geleckt und will mehr: an offiziellen Rennen teilnehmen. Die Gelegenheit dazu bietet sich ihm 1950 bei der Rallye Dieppe–Rouen. Der aufstrebende Renault Konzessionär erringt mit dem 4 CV den Gesamtsieg und feiert einen Einstand nach Mass. Der Triumph sichert Rédélé den Status eines Renault Werksfahrers. Noch im selben Jahr startet er bei der Rallye Monte Carlo, scheidet allerdings aus. Im Folgejahr versucht er es noch mal und erzielt einen vierten Platz in der Kategorie bis 750 Kubikzentimeter.

Rallye-Erfolge mit dem Renault 4 CV

1952 wird zum grossen Jahr des Jean Rédélé: Zusammen mit seinem Kopiloten Paul Moser erzielt er einen Klassensieg bei der Tour de France Automobile. Auch bei der noch prestigeträchtigeren Mille Miglia landen Rédélé und Louis Pons einen Klassensieg. Die Erfolge sind nicht allein dem fahrerischen Können Rédélés und seiner Partner zu verdanken, sondern auch der technischen Findigkeit des Renault Händlers aus Dieppe: Um der Konkurrenz voraus zu sein, erwirbt er die Lizenz für ein 5-Gang-Getriebe und baut es in den 4 CV ein.
1953 und 1954 wiederholen Rédélé und Pons den Erfolg bei der Mille Miglia mit dem neuen 4 CV 1063. Das von der Renault Rennabteilung «Service Competition» aufgebaute Modell mobilisiert 32 Brutto-PS. Der per Doppelvergaser frisierte Motor und das jetzt auch werksseitig eingebaute 5-Gang-Getriebe machen den «Katschewo» 130 km/h schnell. Mit dem 4 CV 1063 erringt das Duo Rédélé/Pons ausserdem den dritten Platz bei der Tour de France Automobile 1953 und einen Klassensieg beim Coupe des Alpes 1954. Dieser wird Rédélé zur Namensgebung für seine eigene Sportwagenmarke inspirieren. Zur Erinnerung an seinen Triumph wird er sie «Alpine» nennen.

Vom 4 CV zum «Rédélé Spezial»

Rédélé sieht die Rennen nämlich nicht als Selbstzweck. Er träumt davon, eigene Autos zu bauen, und Rennerfolge bringen Reputation sowie technisches Know-how. Sein Plan: ein Fahrzeug mit der robusten Technik und der exzellenten Traktion des Renault 4 CV sowie einer sportlichen Karosserie, die mit geringerem Gewicht und optimierter Aerodynamik die Leistung des kleinen Vierzylinders besser ausschöpfen kann. Ausserdem ist Rédélé ein glühender Patriot, der Frankreich das geben will, was ihm seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs fehlt: einen eigenen Sportwagen. Mit diesem Plan wird der junge Unternehmer bei den Carossiers der Grande Nation vorstellig, blitzt aber überall ab. Die Designer wollen lieber stärkere und grössere Autos bauen, statt den kleinen 4 CV neu einzukleiden. Fündig wird Rédélé in Italien. Der Karosseriebauer Giovanni Michelotti erklärt sich bereit, eine Sportkarosserie für den kleinen Renault zu bauen. Die Fertigung des «Rédélé Spezial», so der offizielle Name, erfolgt bei einem anderen italienischen Blechschneider, der Carrozzeria Allemano.
1953 siegt Rédélé mit dem aus Aluminium karossierten «Spezial» bei der Rallye Dieppe–Rouen, dem Coupe des Essarts und der Rallye Lissabon. Der Traum von der eigenen Sportwagenfertigung scheint Wirklichkeit zu werden, als 1954 ein US-amerikanischer Unternehmer Interesse signalisiert, den Wagen unter dem Namen «The Marquis» in den Vereinigten Staaten zu produzieren. Ein zweiter Prototyp ist bereits auf der New York Motorshow zu sehen, doch dann kommt alles anders: Der erhoffte «Big Deal» platzt.

A106: Die erste echte Alpine

Rédélé hält trotz des Rückschlags an seinem Sportwagenprojekt fest und wendet sich an die Firma Chappe & Gessalin, die zu den Pionieren beim Einsatz von glasfaserverstärktem Kunststoff im Karosseriebau zählt. Zusammen mit den befreundeten Brüdern Chappe entwirft er eine stark vom Entwurf Michelottis abweichende Form, die möglichst viel Serienkomponenten des 4 CV umfasst sowie die zur Windschutzscheibe umfunktionierte Heckscheibe des Renault Frégate. Auf diese Weise lassen sich die Fertigungskosten verringern sowie Kundendienst und Wartung vereinfachen. Der Prototyp ist noch aus Stahlblech gefertigt und dient quasi als Negativform für die folgenden Serienmodelle aus Kunststoff.

Rédélé nennt den rundlichen Zweisitzer Alpine A106. Die Typbezeichnung bezieht sich auf die Baureihen-Chiffre des Triebwerks (1060er-Serie). Im Juli 1955 präsentiert er am Renault Sitz in Boulogne-Billancourt der Firmenleitung und der begeisterten Presse drei serienreife Prototypen, die in den Farben der Trikolore Blau, Weiss und Rot lackiert sind. Die «Société des Automobiles Alpine» ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht gegründet. Erst im Oktober 1955 nimmt die Firma den Betrieb auf. Die Serienfertigung startet 1956.

Wichtige Verbündete

Wertvolle Hilfe erhält Rédélé von seinem Schwiegervater Jean Escoffier, der eine grosse Renault Vertretung am Fusse des Montmartre in Paris betreibt. In Escoffiers Werkstatt werden nicht nur die drei Vorserienmodelle gebaut, das Autohaus fungiert für Jahrzehnte auch als Sitz von Alpine in der Hauptstadt.

Zweiter wichtiger Verbündeter Rédélés wird der bereits zu Lebzeiten legendäre Motorenbauer Amédée Gordini, der in der Szene den ehrfurchtgebietenden Beinamen «Le Sorcier», der Hexer, trägt. Gordini fungiert als offizieller Haustuner von Renault und gibt in der Folgezeit auch den Alpine Modellen die notwendige Power. Die Werkstatt des gebürtigen Italieners in Viry-Châtillon wird später zur Keimzelle von Renault Sport.

Dritter im Bunde ist Marc Mignotet, dessen Spezialität die Hubraumerweiterung bis an die Grenze des Machbaren ist, und den Rédélé insbesondere dann engagiert, wenn es darum geht, seine Wettkampffahrzeuge noch etwas schneller zu machen.

Kunststoffkarosserie und Zentralrohrrahmen

Werden die Kunststoffkarosserien für die A106 noch bei Chappe & Gessalin gefertigt, so übernimmt Rédélé mit der Einführung der A108 die Fertigung selbst. Hierfür gründet er 1960 eigens das Unternehmen RDL, wobei das Kürzel für den Namen Rédélé steht. Gleichzeitig leitet er mit der A108 die Ära des Zentralrohrrahmens ein, auf dem alle künftigen Modelle der Marke basieren werden: Auf einem zentralen Rohr, das der Konstruktion den Namen gibt, ruht ein Rohrgitter, das Motor und Getriebe aufnimmt. In der Mitte des Rahmens sind die Träger für den Aufbau angeschweisst. Das Gebilde ist trotz seines geringen Gewichts ausserordentlich steif und bildet daher das ideale Fundament für Renn- und Sportfahrzeuge.

Rallye-Erfolge steigern die Bekanntheit

Um die Vorzüge seiner Fahrzeuge ins rechte Licht zu rücken, lässt Rédélé sie von Anfang an bei Wettbewerben starten. Insbesondere bei den Typen A108 Berlinette und der direkten Nachfolgerin A110 setzt er ganz auf die Karte Motorsport. Bald fahren die Alpine Modelle im nationalen, später auch im internationalen Rallye-Sport an der Spitze des Teilnehmerfelds.

Dank dieser Erfolge und wegen des genialen Konzepts, erschwingliche Sportwagen aus bewährter Grossserientechnik zu komponieren, wird man auch im Ausland auf die Fahrzeuge aus Dieppe aufmerksam. 1961 nimmt Rédélé Kontakt mit Willys Overland in Brasilien auf und vereinbart die Montage der A108 in Lizenz. Der Handelsname des ab 1962 produzierten ersten Sportwagens aus südamerikanischer Produktion lautet Willys Interlagos. Eine ähnliche Vereinbarung schliesst er 1963 mit FASA im spanischen Valladolid, wo ebenfalls die A108 und später die A110 gefertigt werden. Auch DINA in Mexiko und Bulgaralpine in Sofia werden in der Folgezeit die A110 in Lizenz bauen.

Abenteuer Le Mans

Nicht nur im Rallye-Sport ist Rédélés Firma aktiv. 1963 präsentiert Alpine das erste Rundstreckenfahrzeug mit der Bezeichnung M63, mit dem die Sportwagenschmiede aus Dieppe unter anderem bei den 24 Stunden von Le Mans antritt. Es folgen die Typen M64, M65 sowie A210, A211 und A220. Insbesondere 1964 und 1966 machen die Alpine mit guten Ergebnissen bei dem Langstreckenklassiker auf sich aufmerksam und können obendrein Klassensiege einfahren. Rédélé träumt auch von der Formel 1. Um Erfahrungen für die Königsklasse zu sammeln, steigt Alpine 1964 in die Formel 3 und Formel 2 ein. 1968 baut seine Firma einen Formel 1-Renner mit V8-Motor von Gordini auf. Der Monoposto absolviert einige Testrunden im niederländischen Zandvoort, kommt jedoch nie zu einem Renneinsatz.

Jetzt auch offizieller Partner von Renault

Die spektakulären Auftritte im Motorsport sind auch eine hervorragende Werbung für Renault. Die logische Konsequenz: Ab 1965 kann Rédélé seine Serienfahrzeuge unter dem Namen Alpine Renault offiziell über das Renault Händlernetz vertreiben, wodurch er noch mehr Kunden erreicht. Als sichtbares Zeichen der immer engeren Kooperation tragen auch seine Rallye-Fahrzeuge und Sportprototypen von nun an den Schriftzug auf den Flanken. 1968 legt Renault sogar sämtliche Motorsportaktivitäten in die Hände von Alpine. Mit dieser Entscheidung übernehmen Rédélé und seine Firma auch den kompletten Rennsportetat der Régie.

Die neu geregelte Zusammenarbeit legt den Schwerpunkt auf den Rallye-Sport. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten: 1970 gewinnt Jean-Claude Andruet mit der A110 die Rallye-Europameisterschaft, und 1971 siegt das Team aus Dieppe bei der internationalen Markenmeisterschaft. Die Krönung jedoch ist der Gewinn der ersten Rallye-Weltmeisterschaft 1973.

Alpine auf Wachstumskurs

Die grossen Motorsporterfolge führen dazu, dass die Kunden Rédélé Ende der 1960er-Jahre die Autos regelrecht aus der Hand reissen. Die Nachfrage nach der A110 übertrifft die Produktion um das Doppelte. Um keine Kunden zu verlieren, muss Monsieur Jean, wie ihn seine Mitarbeiter titulieren, unbedingt die Fertigung ausweiten. 1969 beginnt er daher mit dem Bau eines neuen Werks in Dieppe. Dies ist umso dringlicher, als Rédélé intensiv an einem zweiten Modell arbeitet, das mehr Komfort bietet als das knüppelharte Rallye-Tier A110 und ausserdem V6-Motoren aufnehmen kann. Unter dem Namen A310 wird diese Neuentwicklung 1971 debütieren. Ausserdem plant der Patron, von der Fertigung per Hand auf die Serienproduktion umzustellen. 1970 nimmt das neue Werk auf einer Grundfläche von 47ʼ000 Quadratmetern die Arbeit auf.

1973: Alpine geht an Renault

Es ist kein Wunder, dass ein Juwel wie Alpine Begehrlichkeiten weckt. Wiederholt unterbreiten japanische Hersteller Rédélé Übernahmeangebote. Der glühende Patriot will jedoch, dass sein Unternehmen unter allen Umständen französisch bleibt. Auch bei Renault weiss man, welches Prestige Rédélés Firma der Régie durch ihre vielfältigen Rennerfolge gebracht hat. Deshalb unternimmt der Vorstandsvorsitzende Pierre Dreyfus 1972 einen Vorstoss in Richtung Kapitalbeteiligung bei Alpine. Insbesondere die noch ungeregelte Nachfolgefrage veranlasst den Alpine Patron, das Renault Angebot anzunehmen. So kommt es, dass Renault 1973 die Aktienmehrheit an der Sportwagenschmiede aus Dieppe übernimmt. Rédélé wird vom Unternehmer zum Vorstandsvorsitzenden von Alpine. Für seine Mitarbeiter handelt er eine Jobgarantie aus.

Triumph in Le Mans als Abschiedsgeschenk

Mit den Renault Ressourcen im Hintergrund wagt sich Alpine erneut an das Abenteuer Le Mans. Unter der Leitung des späteren Formel 1-Motorenkonstrukteurs Bernard Dudot hat Gordini einen 2-Liter-V6-Motor entwickelt. Seine Premiere feiert der Sechszylinder 1973 in der europäischen Sportwagenmeisterschaft, wo er bis 1975 an Bord der Alpine A440 und A441 insgesamt 14 Siege erzielt, seit Herbst 1974 mit Turboaufladung. Mit dem Nachfolger A442 starten die Franzosen ab 1976 in Le Mans. Nach zwei Anläufen gelingt 1978 Didier Pironi und Jean-Pierre Jaussaud mit dem Sportprototyp beim härtesten Langstreckenrennen der Welt der heiss ersehnte Sieg.

Für Rédélé ist der Le-Mans-Sieg 15 Jahre nach dem ersten Start an der Sarthe das Abschiedsgeschenk von Alpine. 1978 verkauft er seine Unternehmensanteile an Renault und übernimmt die Leitung mehrerer Renault Niederlassungen in Frankreich. Monsieur Alpine stirbt 2007 im Alter von 85 Jahren in Paris.

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Gelesen 3305 mal Letzte Änderung am Mittwoch, 06 Dezember 2017 13:31