Bei der Entwicklung des innovativen E-TECH-Hybridantriebsstrangs konnte Renault nicht zuletzt auf seine umfangreichen Erfahrungen in der Elektromobilität und der Formel 1 zurückgreifen. Hinzu kam der Enthusiasmus der beteiligten Ingenieure. Dieser führte unter anderem zu dem ungewöhnlichen Hilfsmittel eines LEGO Bausatzes, von dem wir in der vergangenen Woche erfuhren. Im heutigen zweiten Teil dieser spannenden Story blickt Ahmed Ketfi-Cherif, Mechatronics Synthesis Architect bei Renault, zurück auf die Zeit, in der aus dem selbst gebauten Modells die tatsächliche Antriebseinheit wurde.
Die erste Hürde war genommen, jetzt galt es, die Ideen für das innovative Renault E-TECH Hybridantriebskonzept auf die Straße zu bringen. Nicolas Fremau, der Erbauer des LEGO Prototypen wandte sich dazu an seine Kollegen aus verschiedenen Bereichen. Er wollte sicherstellen, dass seine Idee eines Systems ohne konventionelle Kupplung tatsächlich geeignet ist, die Kundenerwartungen zu erfüllen. Besonders wichtig war Fremau dabei das Urteil von Ahmed Ketfi-Cherif. Der Mechatronik-Spezialist sollte beurteilen, ob die Wechsel zwischen den zu jener Zeit geplanten Fahrmodi „Stadt”, „Landstraße” und „Autobahn” mit einer sogenannten Klauenkupplung möglich seien.
„Das Übertragen dieses LEGO Projekts in die Realität war eine enorme Herausforderung”, erinnert sich Ahmed Ketfi-Cherif. „Vor allem auf der menschlichen Ebene habe ich eine Menge gelernt.”
Die Suche nach der Geschmeidigkeit
Die Klauenkupplung stand von Anfang an im Fokus. Anders als konventionelle Kupplungen verfügt sie weder über einen Zahnkranz noch über einen Synchronring. Weil somit weniger Teile aneinander reiben können, verfügt sie über einen sehr hohen Wirkungsgrad. Vor allem im Motorsport kam diese Technologie bislang zum Einsatz, weil dort die damit einhergehende eher ruppige Arbeitsweise der Klauenkupplung nicht als Nachteil wahrgenommen wird. In Straßenfahrzeugen sieht die Sache anders aus, die Kunden erwarten ein hohes Maß an Geschmeidigkeit.
„Wir kennen Klauenkupplungen aus der Formel 1, eigens entwickelt für Renntriebwerke. Bei einem Straßenauto reden wir aber von etwas völlig anderem. Wir hatten dieses an sich sehr simple Bauteil so zu optimieren, dass Herr und Frau Mustermann es problemlos nutzen können.”
Und das war gar nicht so einfach. Denn die in der Formel 1 eingesetzten sehr flach bauenden Klauenkupplungen zeichnen sich zwar durch ihren hohen Wirkungsgrad und hohe Zuverlässigkeit aus, passen tendenziell aber nicht sehr gut zusammen. Es musste ein Weg gefunden werden, das System in sich harmonischer zu machen.
HSG: Die clevere Lösung
Ahmed Ketfi-Cherif und sein Team kamen schnell zu einer Lösung: Sie fügten dem E-TECH Hybridsystem einfach einen zweiten elektrischen Motor hinzu. „Dieser übernimmt quasi die Funktion der Synchronringe einer klassischen Kupplung und erleichtert so das Wechseln der Gänge”, so der Ingenieur. „In Zusammenarbeit mit dem Haupt-E-Motor ermöglicht dieser zusätzliche E-Motor das präzise Regulieren der Getriebedrehzahlen für sanfte Gangwechsel.”
Ketfi-Cherif und Nicolas Fremau ergänzten dessen LEGO Modell mit dieser neuen Lösung und begannen mit Prüfstands- und Fahrtests. Dabei erkannten sie, dass dieser zusätzliche, HSG (Hochvolt-Startergenerator) genannte E-Motor noch weitere Vorteile mit sich brachte. Mit seinem vom Start weg hohen Drehmomentniveau ermöglicht er eine sanfte Beschleunigung bei niedrigem Tempo, indem er den Kraftabfall beim Gangwechseln kompensiert. Er ermöglicht dem System somit in diesen Geschwindigkeitsbereichen wie ein serieller Hybridantrieb zu arbeiten, was den Komfort und die Flexibilität steigert. Weil dadurch nicht weniger Energie gespeichert werden muss, konnte die Batteriegröße reduziert und den Ladeanschluss eingespart werden.
„Der ursprünglich ausschließlich als Plug-in-Hybrid geplante E-TECH Antrieb war somit plötzlich auch als einfache Hybrid-Lösung möglich. Die Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Modellpalette hatten sich von jetzt auf gleich vervielfacht!”
Quelle: Renault Presse-Service